Was ist ein Lernbüro?

Was wird dort gemacht?lernbuero

Der folgende Text gibt Antworten auf diese Fragen.

 


 

Was ist das Lernbüro am RBZ-Wirtschaft Kiel

Seit dem Schuljahr 1989/90 sammeln Schüler/-innen des Vollzeitbereichs (Berufsfachschule III - für Kaufmännische Assistentinnen und Kaufmännische Assistenten und später auch Berufsfachschule I – Wirtschaft) im Lernbüro jeweils an einem Wochentag in einem Block von vier bis sechs Unterrichtsstunden Erfahrungen in den kaufmännischen Funktionsbereichen des Modellbetriebes Ravensberger Getränke GmbH, einem Getränke-Großhandelsunternehmen. Die Produkte stammen aus dem Erfahrungsbereich der Schü­ler/-innen. Aufgrund ethischer und umweltbezogener Zielsetzungen umfasst das Sortiment nur alkoholfreie Getränke, die in mehrfachverwendbaren Verpackungen vertrieben werden. Eine Aus­weitung oder Änderung des Sortiments aufgrund von Vorschlägen der Schüler/-innen ist möglich und beabsichtigt.

 


 

Was verstehen wir unter handlungsorientiertem Lernen im Lernbüro?

Handlungsorientiertes Lernen im Lernbüro beinhaltet nicht nur das Kennenlernen von Sachbearbei­tertätigkeiten/in den kaufmännischen Funktionsbereichen eines Modellunternehmens. Die Schüler/-innen sollen auch dieEntscheidungsebene kennenlernen und hier umfassende Entscheidungen tref­fen können. Die praktische Arbeit soll mit der Vermittlung von theoretischem Wissen in den Fächern Betriebswirtschaft, Datenverarbeitung und Rechnungswesen, aber auch Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch, verbunden werden.
Auch kreative Aktivitäten werden nicht nur unter dem Blickwinkel ihrer ökonomischen Rationalität gesehen. Sie werden vielmehr durch die Durchführung von Projekten wie Neuentwicklung von Pro­dukten, Erschließung neuer Märkte, Gestaltung von Produkten sowie Entwicklung neuer Formulare usw. gefördert. Damit soll die Absicht verfolgt werden, die Schüler/-innen zum Verlassen von Stan­dardvorgaben und zum Entdecken von neuen Möglichkeiten anzuregen und die bei den Schü­lern/-innen oft vorzufindende Konsumhaltung zugunsten einer aktivgestaltenden Haltung abzubauen.

 


 

Wie wollen wir das erreichen?

Die Lernbüro verlangt die Auflösung des Klassenverbandes in sich selbst organisierende Arbeits­gruppen, die in den Abteilungen Rechnungswesen, Materialwirtschaft, Verkauf / Marketing und Per­sonalwesen / Allg. Verwaltung zunehmend selbständiger arbeiten. Diese besondere Lernorganisation bedingt Lernformen, die das selbständige Lernen, die Teamfähigkeit, die Kreativität, das Verant­wor­tungsbewusstsein und die Kritikfähigkeit fördern. So wird vor und nach jedem Lernbüroblock eine Mitarbeiterbesprechung durchgeführt, um u. a. fachtheoretische, arbeitsorganisatori­sche und soziale Probleme bzw. Fragestellungen zu klären.
Wichtige Lernformen sind Einzel- und Gruppenarbeit, Einzelgespräche der Lehrer/-innen mit den Lernenden in den Abteilungen, funktionsübergreifende Projekte (wie z. B. die Einführung eines neuen Produktes), Fallstudien (wie z. B. die Einstellung eines Auszubildenden), Rollenspiele (wie z. B. das Vorstellungsgespräch bei der Bewerberauswahl) und Simulationsspiele (wie z. B. die Über­windung einer Unternehmenskrise). Gerade diese Vielzahl von unterschiedlichen Lernformen, die in die Lernbüroarbeit eingebettet werden und jeweils bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler/-innen besonders fördern sollen, macht ganzheitliches Lernen und Bilden möglich.

 


 

Wie wird das in unserem Modellunternehmen umgesetzt?

Die Schüler/-innen lernen das Modellunternehmen wie Auszubildende ihr Ausbildungsunternehmen kennen. Nach der ersten Einführung in Wesen und Aufbau des Unternehmens durchläuft jeder Ler­nende alle Abteilungen, um dann im letzten Abschnitt seiner Ausbildung in einer Abteilung als selb­ständig tätige/r Mitarbeiter/in den Gesamtarbeitsprozess integriert zu werden.

In der Einführungsphase werden die Schüler/-innen mit der Arbeitsweise im Lernbüro, mit den Daten der RGG und dem Umgang mit Hard- und Software vertraut gemacht.


In den ersten drei Schulhalbjahren werden die Schüler/-innen in der arbeitsgleichen Phase mit allen Funktionen des Modellunternehmens bekannt gemacht. Sie arbeiten als Sachbearbeiter/-in in den einzelnen Abteilungen und werden punktuell mit Problemen der Abteilungsleiterebene kon­frontiert. Das Fehlen von Zwängen, die sich aus den alltäglichen arbeitsteiligen Abläufen ergeben würden, ermöglicht komplexe Arbeitsaufträge, die über das Sachbearbeiterniveau hinausführen.


Die arbeitsteilige Phase schließt sich an die arbeitsgleiche Phase im Lernbüro an. Die Schüler/-innen arbeiten nun selbstständig und selbstverantwortlich an den verschiedenen Arbeitsplätzen des Unter­nehmens sowie auf den externen Stellen Bank, Kunden und Lieferanten. Die Aktivitäten wer­den hauptsächlich von den Kunden ausgelöst, die mit ihren Bestellungen die weiteren Tätigkeiten mitbe­stimmen. Um die Arbeit in Gang zu setzen und sinnvolle Daten für einen Gesamtabschluss zu bekommen, werden vom Lehrer oder der Lehrerin Standardvorgaben gemacht.


Zur Unterstützung der Lernbüroarbeit werden moderne Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnik eingesetzt. Zwar können alle anfallenden Arbeiten und Entscheidungen im Modellunternehmen zunächst ohne Computereinsatz vorgenommen werden, für die Abwicklung von Routinetätigkeiten werden den Schülern/-innen aber Anwenderkenntnisse von Standardpro­grammen (Word, Excel, Access, Sage Classic-Line) vermittelt, die in ähnlicher Form auch in der kauf­männischen Praxis verlangt werden. Zusätzlich werden sie mit modernen Kommunikationsmöglich­keiten vertraut gemacht.

Kaufmännisches Handeln besteht in hohem Maße aus Interaktionen mit der Umwelt. Eine möglichst realitätsnahe Umwelteinbettung des Modellunternehmens wird durch die von den Lehrern/-innen und von den Lerngruppen simulierten Außenkontakten zu Kunden und Lieferanten sowie zu Post und Banken erreicht. Dabei werden Standardvorgaben, die die Funktions- und Abschlussfähigkeit des Unternehmens sichern, von den Lehrern/-innen gegeben. Zusätzlich soll aber den Schülern/-innen, die jeweils die sogenannten Außenstellen besetzen, Raum für Eigeninitiative und Kreativität zugestan­den werden. Dies bringt den Vorteil, dass Impulse zum Handeln im Lernbüro sowohl von den Lehrern/-innen als auch von der Lerngruppe initiiert und gesteuert werden.
Als Abrechnungsperiode wird das Quartal gewählt. Nach einem bestimmten Zeitplan können die Arbeitsplätze im Rotationsverfahren gewechselt werden. Die Einarbeitung der Schüler/-innen er­folgt weitgehend durch ihre in der arbeitsgleichen Phase selbst erstellten Mappen und die vorge­gebenen Aufgabenbeschreibungen der Stellen. Ziel dieser Lernbüroarbeit ist es, den Schüler/-innen deutlich zu machen, dass nicht nur die Erfüllung ihrer speziellen Aufgaben in den einzelnen Abtei­lungen den Unternehmenserfolg absichert, sondern erst ihr Zusammenwirken eine positive Unter­nehmensent­wicklung möglich macht. Dies führt zur Verbesserung der Kommunikations- und Kooperations­bereitschaft.